Warum wir nicht in den Zoo gehen.

Orang-Utan im Tiergarten Schönbrunn. (c) Once Upon A Cream

Ich war schon so lange nicht mehr im Wiener Zoo, dass ich kurz unsicher war bei welcher U-Bahn-Station ich überhaupt aussteigen muss. Früher war ich oft im Zoo, sehr oft. Ich war Mitglied beim Verein Freunde des Tiergarten Schönbrunn und konnte so das ganze Jahr über gratis in den Zoo gehen. Als Kind und Jugendliche war es sogar ziemlich lange mein Berufswunsch einmal als Tierpfleger oder in der Zoodirektion zu arbeiten. Einzig und allein aus Faszination und Liebe zu den Tieren. Damals hatte ich vieles was ich heute über Zoos weiß nicht einmal erahnt, irgendwie hat mich aber immer schon ein komisches Bauchgefühl bei jedem Tiergartenbesuch begleitet.

Geparden im Tiergarten Schönbrunn. (c) Once Upon A Cream

Als ich heute mit meiner Kamera schließlich bei der richtigen Station ausgestiegen und zum Zoo marschiert bin, hatte ich Herzklopfen und einen fetten Kloß im Hals. Ich hätte mir nie gedacht, dass ich jemals wieder einen Zoo betreten werde. Oft kommt es eben anders. Ich stecke gerade mitten in einem Fotografiekurs, bei dem wir jede Woche ein anderes Thema bekommen, zu dem wir unsere Fotos schießen sollen. Diesmal lautete das Motto "Etwas, das ihr nie fotografieren wollt, keine Leidenschaft dafür habt oder es euch extremes Unbehagen bereitet". Nachdem ich für einen Moment an die Fleischtheke gedacht habe, hat sich kurze Zeit später der Gedanke an einen Zoobesuch in meinen Kopf geschlichen. Ich wollte den Zoo allerdings so zeigen wie ich ihn heute sehe, nämlich als Ort der Lebewesen unter dem Deckmantel des Artenschutzes die Freiheit nimmt, als Vergnügungspark zur Unterhaltung der Menschen und als Profit-getriebenes Unternehmen. Nachdem alle Fotos immer vor der Klasse besprochen werden, habe ich so auch die Chance ein paar meiner Mitstudierenden sowie den Vortragenden zusätzlich zum Nachdenken anzuregen.

Orang-Utan im Tiergarten Schönbrunn. (c) Once Upon A Cream

Ich selbst habe den gestrigen Zoobesuch zumindest für den Großteil erstaunlicherweise gut verkraftet, denn ich habe versucht mich voll auf die Kameratechnik und mein Vorhaben zu konzentrieren. Bei den Elefanten und vor allem beim Besuch im Orang-Utan Haus konnte ich mich aber leider nicht mehr halten. Vor dem Besuch der Affen hatte ich extremen Bammel, weil ihre Ähnlichkeit zu uns Menschen (wir teilen 97 % unserer DNA mit Orang-Utans und sogar 99 % mit Schimpansen) es für mich noch schlimmer macht sie hinter Glas oder Gitter eingesperrt zu sehen. Ihre Hände, ihre traurigen Blicke, das tut mir unendlich im Herzen weh. So habe ich auf Augenhöhe weinend meine Fotos geschossen und mich schnell weg von den verdatterten Blicken der anderen Zoobesuchern und Kindern auf das nächste Besucher-WC verzogen.

Gängige Annahmen über Zoos und was eigentlich dahinter steckt!

Da es viele Menschen, so wie mich früher, aus Faszination zu den Tieren in den Zoo zieht, möchte ich diesen Blogeintrag auch dazu nützen, um einige weitverbreitete Annahmen über Zoos durch eine andere Brille zu betrachten:

1. “Ohne Zoos wären manche Tierarten schon längst ausgestorben.”

Eines der am meisten vorgeschobenen Rechtfertigungen für Zoos ist die des Artenschutzes und der Wissenschaft. Es ist traurig und wahr, dass es einige Spezies nicht mehr geben würde, hätten sie nicht in Zoos als einer Art Arche Noah überlebt. Allerdings ist der Großteil der in Zoos ausgestellten Tiere gar nicht vom Aussterben bedroht. Betroffen sind eher speziellere Arten, die für den Besucher jedoch nicht so attraktiv und für den Zoo daher nicht rentabel sind. Artenschutz macht meiner Meinung nach nur Sinn, wenn es das Ziel ist die Tiere irgendwann wieder in ihren natürlichen Lebensraum auszuwildern. Bei den meisten Tieren die in Zoos geboren und den Umgang mit Menschen gewöhnt bzw. von ihnen abhängig sind, ist das niemals möglich. Die Sterberate mancher Tiere sind in Zoos ist sogar höher als in der freien Wildbahn.

2. “Die Tiere sind glücklich im Zoo.”

Ein Blick in die traurigen Augen eines Orang-Utans vor der Glasscheibe sollte genügen, um diese Frage mit Nein zu beantworten. Eine Mutter habe ich zu ihrem Kind sagen gehört:

"Ich glaube, der ist traurig. Das ist so, als würde man dich für den Rest deines Lebens in deinem Zimmer einsperren."

Genau das ist der Punkt.

Ein Zoo ist eine Ausstellung lebender Tiere, die einen hohen Preis dafür bezahlen müssen, dass der Mensch jederzeit einen Geparden oder einen Eisbären live sehen kann. Selbst in einer Wohnung sein Leben lang eingesperrt zu sein, reicht für einen Menschen wahrscheinlich schon aus um den Verstand zu verlieren. Selbst Tiere, die im Zoo geboren wurden, haben einen starken Jagddrang, einen enormen Bewegungsdrang oder leben in so komplexen Sozialstrukturen die nicht simuliert werden können.

Was wir als Menschen auf den ersten Blick vielleicht als glücklich wahrnehmen, sieht im tiefsten Inneren oftmals ganz anders aus. Freiheit ist das höchste Gut, das man als Lebewesen besitzen kann und das jemandem zu nehmen, der sich dagegen nicht einmal wehren kann nur, um damit Geld zu verdienen, ist für mich absolut inakzeptabel.

3. “Im Zoo werden alle Tiere artgerecht gehalten.”

Wer sich tatsächlich schon einmal die Infotafeln vor einem Tiergehege durchgelesen hat, wird vielleicht gemerkt haben wie absurd das Wort "artgerecht" in Verbindung mit dem Zoo eigentlich ist. Vor dem Eisbärenbecken steht wie geschickte und ausdauernde Schwimmer Eisbären sind. Ihr Körperbau, ihre Haut und das Fell sind evolutionär perfekt auf ein Leben in der Arktis abgestimmt. Wo ist das Packeis und der Schnee im Zoo? Ich sehe es nicht. Elefanten legen in freier Wildbahn täglich bis zu 30 Kilometer zurück und leben in großen Herden, die sich über Generationen erstrecken. Sie haben ein unglaubliches Langzeitgedächtnis und sind sehr sensibel. Auf all das kann sich ein Zoo niemals einstellen und es führt nicht nur zu erheblichen physischen und psychischen Belastungen, es vermittelt auch ein völlig falsches Bild der Tiere.

Flusspferd im Tiergarten Schönbrunn. (c) Once Upon A Cream

Eisbär im Tiergarten Schönbrunn. (c) Once Upon A Cream

Ich hatte das Glück Elefanten in Südafrika in Freiheit beobachten zu dürfen. Wie klein, ehrfürchtig und verwundbar ich mich diesen großen und stolzen Tieren gegenüber gefühlt habe, das spürt man im Zoo nicht. Ich finde dieses Gefühl aber so enorm wichtig, denn im Zoo wird einem vermittelt, dass der Mensch - sogar schon ein kleines Kind - in der stärkeren Position ist und das Tier sich unterhalb einordnen muss. Artgerecht ist einzig und allein die Freiheit.

Elefanten im Tiergarten Schönbrunn. (c) Once Upon A Cream

4. “Sonst kann mein Kind ja niemals einen richtigen Elefanten sehen.”

Es gibt viele Dinge, die man niemals in seinem Leben sehen wird. Ich habe noch nie 10 Millionen Euro gesehen. Ich habe weder einen Blauwal noch Kim Kardashian gesehen. Würde mir einfallen zu verlangen, dass man sie deswegen einsperrt? Natürlich nicht, das wäre völlig absurd. Was kann der Elefant dafür, dass wir Menschen uns einbilden ihn im 13. Wiener Gemeindebezirk auf Abruf bereit täglich sehen zu können? Man muss nicht alles mit eigenen Augen sehen, um zu wissen, dass es existiert. Wenn es der Lebenstraum ist mit seinem Kind einen Elefanten zu sehen, dann muss man andere Wege finden respektvoll dorthin zu kommen wo der Elefant lebt. Einsperren kann nicht die Lösung sein.

Vögel im Tiergarten Schönbrunn. (c) Once Upon A Cream

5. “Kinder lernen im Zoo viel über die Tiere.”

Kinder lernen im Zoo, dass es menschlich möglich und OK ist Tiere einzusperren. Sie lernen, dass es normal ist eine Giraffe, einen Elefanten oder einen Tiger jederzeit sehen zu können, wenn man gerade Lust und Laune darauf hat. Sie lernen, dass es für Tiere feste Fütterungszeiten gibt, bei denen der Mensch einer Robbe einen Fisch in den Schlund wirft oder ein Löwe einem aufgefädelten Stück Fleisch auf einem Haken nachspringt.

Seelöwen im Tiergarten Schönbrunn. (c) Once Upon A Cream

Ich sehe keine Eltern die ihren Kindern die Informationstafeln vorlesen. Ich höre niemanden der erklärt, dass es so gut wie unmöglich ist einen Tiger zu sehen, weil er zu den scheusten Tieren der Welt gehört und sich dem Menschen fernhält. Im Zoo dreht er seine Runden auf einem platt getretenen Trampelpfad ganz knapp am Schaufensterglas bei den Zuschauern vorbei, wo schon eifrig darauf getrommelt wird, sobald sich das Tier nähert. Aus jeder Tierdokumentation oder jedem Buch lernt ein Kind mehr Wahrheiten über das Verhalten, das Aussehen und den Lebensraum von Tieren, als bei einem Zoobesuch. Die meisten Kinder reagieren sehr sensibel  darauf, wenn Tiere leiden müssen. Warum will man ihnen dann vormachen, dass es den Tieren eingesperrt gut geht?

Seelöwen im Tiergarten Schönbrunn. (c) Once Upon A Cream

6. “Für Zoos steht das Wohl der Tiere an oberster Stelle.”

Ein Zoo ist kein NGO bzw. Tiergnadenhof, sondern ein Unternehmen, das Gewinn machen muss. Dementsprechend ist die Unternehmensstrategie ausgerichtet. Bei einem Zoo spielen die Besucherzahlen eine enorm wichtige Rolle und Besucher kommen nur, wenn sie etwas sehen und etwas geboten bekommen. Wer würde wieder und wieder einen beachtlichen Eintrittspreis bezahlen, wenn man dort keine Tiere sieht? Das erklärt, warum es in vielen Gehegen nicht ausreichend Rückzugsmöglichkeiten für die Tiere gibt, sodass sie sich einfach zeigen müssen. Tierbabys passieren nicht zufällig, denn sie bringen die meiste Publicity für den Zoo und ebenso hohe Besucherzahlen. Man denke schon allein an das internationale Interesse an Knut dem Eisbären aus dem Berliner Zoo. Es besteht daher ein großer Druck regelmäßig Nachwuchs zu beschaffen. Dabei werden die alten oder zuchtunfähigen Tiere oftmals ausrangiert.

Wenn man so durch den Zoo spaziert sieht man Merchandising, Imbissbuden und überall Möglichkeiten zusätzlich sein Geld zu lassen. Man sieht Sponsorennamen auf glänzende Täfelchen gedruckt, die so fernab von Artenschutz und Tierwohl wirtschaften, das es scheinheiliger nicht geht. Aber so lässt sich dort wo sich täglich viele Menschen tummeln als "Tierschutzpate" ein bisschen gute PR abstauben. Was es in Zoos kaum gibt, sind (freiwillige) Mitarbeiter die sich vor jedem Gehege darum kümmern, dass nicht an die Scheiben geklopft, nicht geschrien wird oder die Tiere belästigt werden. Da werde ich in jedem Schuhgeschäft öfter angesprochen, ob ich Fragen habe oder etwas Bestimmtes suche.

 

Statt Zoo - Besuch einer tierfreundlichen Alternative!

Ich kann es noch sehr gut nachvollziehen, dass Zoos eine Faszination auf Menschen ausüben und es auch ein äußerst unterhaltsames Nachmittagsprogramm für Familien ist. Wer den Zoo bisher nur als Happy Place erlebt hat und überhaupt bis hierher gelesen hat, vor dem ziehe ich hiermit meinen Hut für die Bereitschaft über den Tellerrand hinausblicken zu wollen. Tiere sind wunderbare Geschöpfe und ich finde es ist unsere Pflicht sie zu respektieren, sie zu schützen und ihren Lebensraum zu erhalten so lange es in unserer Macht steht.


1. Lebenshöfe & Tiergnadenhöfe

Wenn ihr den Bezug zu Tieren sucht und euren Kindern gerne etwas über Tiere nahebringen möchtet, dann empfehle ich einen Besuch in einem Gnadenhof oder einer Auffangstation. In seriösen Tiergnadenhöfen und Auffangstationen steht das Tier im Mittelpunkt und es werden entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen, um ihren Bedürfnissen so gut es geht gerecht zu werden. Tiergnadenhöfe und Wildtierstationen gibt es auf der ganzen Welt, somit ist auch ein Zoobesuch im Ausland sehr gut durch eine tierfreundliche Alternative zu ersetzen. Ich habe bereits einige dieser wunderbaren Orte bereist und kann einen Besuch vor allem mit Kindern nur wärmstens empfehlen. Lest mehr darüber in meinem Blogbeitrag über Tiergnadenhöfe.

2. Naturhistorische Museen

Wenn Kinder einen Dino sehen möchten, geht man wie selbstverständlich ins Museum. Warum nicht auch, um über Elefanten zu lernen? So nah kommt man im Zoo auch niemals ran. Warum ich finde, dass Kinder viel mehr von einem Besuch im NHM als vom Zoo haben, abgesehen davon, dass es nicht nur tierfreundlicher, sondern auch nachhaltiger und lehrreicher ist, könnt ihr in meinem Artikel über unseren Besuch im Naturhistorischen Museum nachlesen.

 
Quellen & weiterführende Links:
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